Nach vielen Jahren im Dienst des Hospiz- und Palliativ-Vereins Gütersloh e.V. verabschiedet sich Arnold Bergmann Ende November aus seinem Ehrenamt als erster Vorsitzender des Hospiz- und Palliativ-Vereins Gütersloh. Mit seinem langjährigen Engagement hat der 75-Jährige den Verein mitgeprägt. In diesem Porträt gibt er Einblicke in seine persönliche Motivation, seine Erlebnisse und seine Wünsche für die Zukunft.
„Meine Biografie hat mich hierhergeführt“
„Das Sterben meiner ersten Frau hat mich auf den Weg zum Hospiz- und Palliativ-Verein Gütersloh gebracht,“ erinnert sich Arnold Bergmann, dessen Frau an einer schweren Krankheit starb. Zu jener Zeit gab es in Gütersloh noch kein stationäres Hospiz. „Doch der Verein und die Menschen, die sich dafür einsetzten, waren bereits da.“ Auf der Palliativstation hatte er erstmals Kontakt mit Dr. Herbert Kaiser und seiner Frau Elisabeth Schultheis-Kaiser – zwei Hospizlern der ersten Stunde in Gütersloh. „Die Gespräche über das Sterben und die würdevolle Begleitung haben den Blick geweitet für eine neue Auseinandersetzung mit dem Thema. Das war ein erster, sehr intensiver Berührungspunkt mit dem Hospizgedanken.“
Eine Weile nach diesem Erlebnis fragte Dr. Kaiser Herrn Bergmann, der zuvor stellvertretender Leiter der Volkshochschule Reckenberg-Ems war, ob er sich vorstellen könne, das Amt des Kassenwarts im Hospiz- und Palliativ-Verein Gütersloh zu übernehmen. „Es war 2013, und ich wollte dieser Aufgabe nachkommen – es schien, als hätte das Leben mich dorthin geführt; zumal meine zweite Frau im Hospiz bereits als ehrenamtliche Sterbebegleiterin engagiert war.“
Verantwortung für Sicherheit und Stabilität
Mit der Übernahme des Vorsitzes im Vorstand im Oktober 2017 wurde Bergmann zu einer zentralen Person des Hospiz- und Palliativ-Vereins Gütersloh. „Es war mir immer wichtig, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass für die von uns begleiteten Menschen ein Abschied in Würde möglich ist und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich hier wohlfühlen“, erzählt Bergmann. An die regelmäßigen Arbeitsgespräche zu Beginn seiner Tätigkeit mit einem der Vereinsgründer, Professor Dr. Gropp, erinnert er sich gern: „Dienstags saßen wir oft zusammen und Professor Gropp fragte: ‚Wo stehen wir? Was müssen wir tun?‘ Er sprach immer von ‚wir‘ und schloss mich in seine Vision mit ein.“ Diese Zusammenarbeit vermittelte Bergmann das Gefühl, dass der Verein eine Gemeinschaft ist – ein ‚Wir‘ das ihn ermutigte, hier Verantwortung zu übernehmen. „Bis heute prägt dieses Gemeinschaftsgefühl die Menschen, die sich hier haupt- und ehrenamtlich engagieren“, betont Bergmann.
Nach Meilensteinen seiner Arbeit für den Verein gefragt, antwortet Arnold Bergmann mit einem Augenzwinkern, diese seien eher aus Holz als aus Stein: „Wir haben 2017 das ‚Haus im Garten‘ gebaut – es wurde für die Mitarbeitenden gebraucht, die in der Nacht gemäß den aktuellen Bestimmungen zusätzlich im Hintergrund Dienst haben. Das gemütliche Holzhäuschen ist zudem tagsüber ein wichtiger Ort für Zusammenkünfte geworden.“
Natürlich gab es auch immer wieder Herausforderungen in seiner Vorstandstätigkeit – spontan denkt Arnold Bergmann da an das Thema Pflegesatzverhandlungen: „Ich bin in die Verhandlungen die ersten Male wirklich mit Herzklopfen hineingegangen, und auch all die Jahre blieb es eine spannende Angelegenheit, unsere Bedarfe so klarzumachen, dass die Kassen sich einverstanden erklärten. Nicht zuletzt dank der engen Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen, die dafür so aufmerksam alles zusammengetragen haben, ist es zum Glück immer gelungen.“
Berührende Momente im Hospizalltag
„Was mich am meisten bewegt hat, sind die Momente, in denen ich mit den Gästen sprechen konnte“, sagt Bergmann und beschreibt, wie ihn die Ruhe und Gelassenheit mancher Menschen an ihrem Lebensende tief beeindruckt hat. „Diese letzten Tage – das ist eine Zeit der Intensität, die uns allen die Endlichkeit des Lebens bewusst macht.“ Er schätzt, dass diese besondere Atmosphäre auch immer wieder durch Humor bereichert wird: „Wir hatten einmal hier im Verein eine Karikaturenausstellung über das Leben und das Sterben. Meine Lieblingskarikatur zeigte einen kleinen Jungen am Totenbett der Oma. Er sagt zu ihr: ‚Nimmst Du diesen Brief für Opa mit?‘ Das macht deutlich, dass man offen und manchmal sogar humorvoll mit dem Thema umgehen kann.“
Sehr zu schätzen weiß Arnold Bergmann im Rückblick auch, dass in den schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie die Menschen zu ihren Angehörigen ins Hospiz kommen und Abschied nehmen konnten, denn aus persönlicher Erfahrung weiß er, wie wertvoll diese Momente sind: „Ich bin dankbar, dass wir das Beisammensein am Lebensende trotz der problematischen Umstände dieser Zeit möglich machen konnten.“
Wandel und neue Impulse im Verein
„Es geht seit den Anfängen immer darum, ein Ende in Würde und ein Leben bis zuletzt zu gestalten“, beschreibt der ausscheidende Vorstandsvorsitzende die Beständigkeit der Hospizarbeit. Dieser Grundgedanke werde lebendig genährt von immer wieder neuen Ideen und Perspektiven, die jedes neue Mitglied im Team mitbringe. „So hat sich der Verein beispielsweise in jüngster Vergangenheit dafür eingesetzt, den Zugang zu hospizlichen Angeboten für Menschen mit geistigen Einschränkungen zu fördern.“
Bergmann betont die gesellschaftliche Bedeutung des Hospizgedankens: „In einer zunehmend individualisierten Gesellschaft, in der Einsamkeit oft spürbar ist, sind die Dienste eines Hospizvereins wertvoller denn je. Das ehrenamtliche Engagement ist und bleibt der Kern unserer Arbeit.“
Der Blick nach vorne
Für die Zukunft des Vereins wünscht sich Bergmann, dass der Hospizgedanke im gesellschaftlichen und politischen Bewusstsein weiter verankert bleibt. „Wir brauchen finanzielle Sicherheit und das Vertrauen in Politik und offizielle Stellen, dass unser Dienst als bürgerschaftliches Engagement wahrgenommen und geschätzt wird.“
Er selbst tritt nach langem Wirken und einem ersten „Ruhestandsversuch“ aus seinem Hauptberuf nun endgültig in den Ruhestand – diesmal, wie er sagt, „wirklich“: „Ich freue mich darauf, Zeit mit meiner Familie, insbesondere mit meinen Enkeln zu verbringen und spontan zu reisen, um Freunde zu besuchen.“
Sein Ehrenamt übergibt Arnold Bergmann mit großem Vertrauen an seine Nachfolgerin Evelyn Braune, die dem hospizlichen Handeln seit vielen Jahren verbunden ist. Er geht in der Zuversicht, dass der Hospiz- und Palliativ-Verein Gütersloh auch weiterhin den Gedanken eines würdigen Lebensendes und des gemeinschaftlichen Engagements lebt und weiterträgt.