Sind wir stärker, als wir manchmal glauben? Es gibt dunkle Zeiten, in denen scheinbar nichts mehr geht und wir uns hilflos fühlen. Doch in uns Menschen wohnt eine Fähigkeit, auch dann wieder aufzustehen, wenn Krisen uns niederdrücken. Diese können wir (wieder)entdecken und trainieren, weiß Sandra Kötter. Sie ist Trauerbegleiterin und Resilienztrainerin. Sie erlebte in ihrem eigenen Leben, wie Krisen Wendepunkte sein können und sie zu ihrer jetzigen Arbeit im Bereich der Trauer führten. Hier begegnet sie vielen Menschen, die gerade Verlust und Leid erfahren – aber auch die Kraft der Resilienz.

Widerstandskraft kann man trainieren

Was genau ist Resilienz? Das Wort leitet sich ab vom lateinischen „resilire“, was abprallen bedeutet. Der Begriff Resilienz stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und beschreibt: Ein Material verbiegt sich unter Druck und springt dann wieder zurück in seine ursprüngliche Form. Ganz so mag Sandra Kötter die Herleitung nicht auf uns Menschen übertragen: „Wenn wir sehr Belastendes durchleben, sind wir danach nicht mehr die Person, die wir vorher waren. In diesem Kontext meint Resilienz eher eine flexible Widerstandskraft, die uns hilft, nicht zu brechen und unbeschadet aus Krisen hervorzugehen.“
Wie widerstandsfähig, resilient jemand ist, ist uns zum Teil genetisch mitgegeben. Doch mindestens zu einem Drittel sei diese Fähigkeit trainierbar, so die Forschung. Dabei hilft Sandra Kötter als Trainerin in Seminaren und Klienten in der Trauerbegleitung. „Trauernde haben einen Lebenserfahrungsschatz. In diesen gilt es, hineinzuschauen und sich zu fragen: was hat mir früher schon einmal geholfen? Wann war es etwas weniger schwer?“, erklärt sie. Sie nennt es „Taschenlampenmomente“, wenn es wieder gelingt, auch in dunklen Zeiten mit gezieltem Blick die eigenen Kraftquellen wie farbige Pünktchen leuchten zu sehen.

Ein Koffer für den Notfall

Sandra Kötter empfiehlt, bereits in guten Zeiten eine Art „Werkzeugkoffer“ für den Notfall zu packen. Das kann im Geiste geschehen, in dem man sich bewusst macht, worauf man zurückgreifen kann, wenn man Kraft braucht. Man kann es aufschreiben oder malen. „Es kann auch schön sein, tatsächlich Symbole für alles, was mich stärkt, in einem kleinen Koffer zu versammeln. Das sind oft ganz unterschiedliche Dinge. Sie kennen das vom echten Werkzeugkoffer – nicht immer hilft der Hammer.“
Das Wissen rund um die Resilienz ist auch wichtig für diejenigen, die Menschen in Trauer und Krise begleiten. Zum einen, um sich selbst immer wieder für diese Aufgabe stärken zu können. Zum anderen, um als Begleiter:in Menschen zu unterstützen, die farbigen Pünktchen in dunkle Zeiten überhaupt wieder sehen zu können. „Hier ist es wichtig, dass ich als Trauerbegleiter:in Raum lasse. Oft möchte das Umfeld, dass alles schnell ‚wieder gut‘ wird. Doch Ratschläge wie ‚Du magst doch Tanzen, du solltest mal wieder tanzen gehen‘ sind oft nicht hilfreich. In der aktuellen Situation überfordern sie vielleicht. Vielmehr sollten wir versuchen, symbolisch eine Taschenlampe in die Hand zu geben, damit die- oder derjenige selber schauen kann, was in diesem Moment eine ganz persönliche Kraftquelle sein kann. Vor allem aber geht es zunächst darum, da zu sein, mit auszuhalten, Raum zu geben für alle Gefühle – nicht zu schnell trösten zu wollen.“

Für Trauerbegleiter:innen bietet Sandra Kötter am 27. April 2024 zum Thema „Kraftquelle Resilienz in der Trauerbegleitung“ ein Seminar in der Hospiz- und Palliativ-Akademie an, es sind wenige Restplätze buchbar: HIER

Sandra Kötter ist freiberufliche Resilienz- und Entspannungstrainerin, Trauerbegleiterin und Referentin für Trauer(begleitung)
www.sandra-koetter.de
Auf der Messe „Leben und Tod“ hält Sandra Kötter am 4. Mai einen Vortrag zu Resilienz in Zeiten der Trauer, mehr Infos dazu HIER.