Unsere Buchempfehlung „Wir sind füreinander da – Bewusste Sprache in der Pflege“ von Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf

Fachbücher für Pflegekräfte drehen sich oft um das, was man mit den Händen tut: lagern, verbinden, mobilisieren … Oder Prozesse, von der Planung bis zur Dokumentation. Mit dem Buch „Wir sind füreinander da – Bewusste Sprache in der Pflege“ eröffnet Mechthild von Scheurl-Defersdorf einen vielleicht zunächst erstaunenden Blick auf ein mindestens ebenso wichtiges Instrument für die pflegerische Arbeit: die Sprache. Als Sprachwissenschaftlerin und Gründerin des Lingva-Eterna-Instituts weiß sie um die besondere Wirkung unserer Worte und welch wesentliche Rolle Sprache in der Pflege kranker Menschen spielt.

Bewusste Sprache in der Pflege

Zahlreiche Beispiele aus dem Alltag im Krankenhaus, im Altenpflegeheim oder der häuslichen Pflege weisen uns auf typische Kommunikationssituationen hin, in denen unsere Ausdrucksweise eher Hürden als Verbindung schafft. Es sind Dinge, die zunächst wie sprachliche Kleinigkeiten scheinen, die aber eine große Wirkung haben. Pflegekräfte werden das kennen – wie oft ist sicher ihr Alltag von „ich muss noch schnell …“ geprägt. Und wie anders fühlt es sich für den, der es sagt, aber auch für sein Gegenüber an, wenn man umformuliert in „Ich werde als erstes xy erledigen. Danach mache ich dann …“. Wörter können Druck machen – oder entlasten. Wir dürfen hineinspüren in den Unterschied der – so vertrauten – Formulierung von „ich muss noch die acht fertig machen“ in eine Aussage wie: „Ich werde jetzt Herrn Mayer beim Anziehen unterstützen.“

Die Beiträge zu den verschiedensten typischen Situationen stammen von Expertinnen aus der medizinischen Praxis, die gleichzeitig ausgebildete Dozentinnen des Lingva Eterna-Kommunikationskonzeptes sind. Hier wird Praxisnähe deutlich, sowie eine große Wertschätzung für den Beruf mit seinen immer größer werdenden Herausforderungen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt könnte man die bange Frage aufwerfen: „Und nun soll ich auch noch auf meine Sprache achten?“ Schnell wird deutlich beim Lesen dieses wunderbar klar geschriebenen Ratgebers, wie sehr eine aufbauende und kraftschenkende Sprache dem Pflegenden wie auch dem Gepflegten guttut. Wie der komplexe und belastete Arbeitsalltag durch klare und wertschätzende Kommunikation reibungsloser wird.

Das Buch lässt uns Sprache ganz neu erleben – und uns so manches Mal schmunzelnd ertappt fühlen, wenn wir die typischen Sprachangewohnheiten des Medizinalltags auch bei uns entdecken. Es macht große Lust darauf, auszuprobieren, wie sich das Erleben und Miteinander verändert, sobald man bewusst auf den Einsatz der Sprache achtet. Was für ein (Wort-)Schatz, der sich eröffnet, wenn Pflegekräfte mit dem, was und wie sie es sagen, noch ein weiteres Mittel haben, Menschen zu berühren, heilsam zu wirken und ganz neue Ressourcen zu erschließen!

Gerade aus Sicht der Pflege im hospizlichen, palliativen Bereich unterstreicht das Buch einen Ansatz, der hier immer ein Thema ist: Neben allen medizinischen Errungenschaften oder Techniken ist es die Haltung, die einen Unterschied macht. Ein achtsamer Umgang mit der Sprache lässt uns immer wieder überprüfen, wie unsere Haltung ist. Eine wunderbare Wechselwirkung wird möglich: Ich kann meine Haltung in einer bewussten Sprache zum Ausdruck bringen und darf gleichermaßen darauf vertrauen, dass die achtsame Sprache eine wertschätzende, klare Haltung in mir stärkt.