Trauer braucht Raum. Einen, an dem sie sein darf und ein Stück mitgetragen wird. Wo es Zeit dafür gibt und Menschen, die verstehen. Vor genau 15 Jahren wurde in unserem Verein dafür mit dem offenen Trauertreff „Trauer leben“ ein solcher Raum geschaffen.
Für einen Jubiläums-Rückblick darauf haben wir jemanden zu Wort kommen lassen, die „Trauer leben“ von Anfang an geprägt hat: Elisabeth Schultheis-Kaiser. Die Diplom-Psychologin war viele Jahre Koordinatorin unseres ambulanten Hospizdienstes, sie ist Trauerbegleiterin und gehört zu den Menschen, die unseren Verein von Beginn an mit aufgebaut haben. Ihr persönlicher Blick auf die Entstehung des Trauercafés zeigt eindrucksvoll, wie aus einer Idee ein verlässlicher Zufluchtsort werden konnte:

Elisabeth Schultheis-Kaiser

„Als ich 1998 meine große Ausbildung zur Trauerbegleiterin machte, galt die Trauer noch als ‚kleine Schwester‘ der Sterbebegleitung in der Hospizarbeit. Dabei ist sie sowohl für sterbende Menschen als auch für ihre Zugehörigen ein wesentlicher Teil des Abschiedsprozesses. Nach dem Tod eines geliebten Menschen bleiben die Zugehörigen oft allein mit ihrem Schmerz zurück.

Damals begann ich zunächst mit vielen Einzelgesprächen, um Zugehörigen eine Begleitung auf ihrem ganz persönlichen Weg durch die Trauer anzubieten. Nach und nach entstanden Fortbildungen für ehrenamtliche Trauerbegleiterinnen und -begleiter, die zeit- und kostenintensiv waren. Es fanden sich bald Ehrenamtliche, die sich gern in der Trauerarbeit engagieren wollten. Für die erste Ausbildung erhielten wir dankenswerterweise finanzielle Unterstützung von der Volksbank.

Ohne Ratschläge, aber mit offenen Herzen

Die Ausbildung startete mit intensiver Selbsterfahrung, denn die Teilnehmenden hatten meist selbst Verlusterfahrungen gemacht. Nach Abschluss der ersten Fortbildung entstand die Idee, ein niedrigschwelliges Angebot für Trauernde zu schaffen: einen offenen Trauertreff.
Sonntagnachmittags, ganz ohne Anmeldung, können Menschen für zwei Stunden zusammenkommen, andere Trauernde treffen und sich austauschen. Jeder darf so trauern, wie er es gerade kann – ohne Erwartungen, ohne Ratschläge, aber mit offenen Herzen. Menschen mit ähnlichen Erfahrungen begegnen sich und schenken einander Trost und Bereicherung.
Lange suchten wir nach einem passenden Namen. Schließlich entschieden wir uns für „Trauer leben“. Dieser Titel trägt eine doppelte Bedeutung: Zum einen beschreibt er das Leben mit einer Trauer, die man sich nicht ausgesucht hat. Zum anderen erinnert er daran, wie wichtig es ist, die eigene Trauer anzunehmen und ihr Raum zu geben.

Unterstützung, die gut tut

Wie aufgeregt waren wir, als das Café zum ersten Mal öffnete. Sechs Menschen kamen – vier Frauen und zwei Männer. Ich erinnere mich besonders an eine Frau, die sechs- oder siebenmal teilnahm. Irgendwann spürte sie, dass ihre Trauer um ihren Mann zwar nicht verschwunden war, sie aber wieder allein zurechtkommen konnte.
Besonders bewegend war ein Adventsnachmittag: Nach einem halben Jahr kam dieselbe Frau zurück. Sie hatte für jeden einen Stern gebastelt und sagte: ‚Ich bin heute gekommen, um allen eine Freude zu machen und zu berichten, wie gut mir die Unterstützung im Trauertreff geholfen hat.‘ Dieser Moment berührte uns alle zutiefst und zeigte, wie wertvoll das Café für viele Menschen geworden ist.
Heute, zum 15-jährigen Bestehen des Trauertreffs ‚Trauer leben‘, wünsche ich allen Ehrenamtlichen und Koordinatorinnen weiterhin viel Kraft, Mut und Herzblut für diese besondere Arbeit. Möge ‚Trauer leben‘ auch in Zukunft ein Ort bleiben, an dem Menschen ihre Trauer teilen, Hoffnung schöpfen und spüren dürfen: Ich bin nicht allein.“

Das ist Trauer leben:

Einmal monatlich bietet unser offenes Angebot „Trauer leben“ Raum und Zeit für gemeinsame Gespräche über Trauer und Neuanfang. Die Gruppe wird von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden begleitet, die sich in einer Ausbildung speziell für diese Aufgabe qualifiziert haben. Sie halten sich an die Schweigepflicht. Die Teilnahme an „Trauer leben“ ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
‚Trauer leben‘ findet jeden dritten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr in der Bibliothek des Hospiz- und Palliativ-Vereins Gütersloh, Hochstraße 19, 33332 Gütersloh statt.
Der nächste Termin ist Sonntag, der 21.12.2025.