Der Mund ist ein sensibler und intimer Bereich, hier sitzen hundertmal mehr Tastkörperchen als auf dem Rücken. Gerade in der letzten Lebensphase, wenn das Bedürfnis nach Essen und Trinken abnimmt und die Atmung oft über den offenen Mund erfolgt, trocknet die Schleimhaut schnell aus. Medikamente können dieses Gefühl noch verstärken, Entzündungen und Beläge kommen hinzu. Das ist für Betroffene unangenehm und beeinträchtigt ihre Lebensqualität.
„Eine gute Mundpflege kann eine erstaunlich große Linderung bringen“, sagt Brigitte Gehle, Leiterin des stationären Hospizes in Gütersloh und Palliative Care Pflegefachkraft. „Oft verschwindet das Durstgefühl allein durch eine befeuchtete Schleimhaut. Gleichzeitig ist es für Zugehörige eine Möglichkeit, aktiv und liebevoll zu unterstützen.“
Nähe durch kleine Gesten
Viele Zugehörige empfinden es als belastend, dass sie in dieser Phase nicht mehr „mit Essen helfen“ können. Mundpflege bietet hier eine neue Form der Fürsorge. Sie schafft körperliches Wohlbefinden, aber auch Nähe: das vertraute Lieblingsgetränk, ein Hauch von Zitrone oder das kühle Gefühl kleiner Eisstücke können trösten, selbst wenn kaum noch Appetit oder Durst vorhanden ist.
Brigitte Gehle erzählt aus der Praxis: „Wir hatten einmal einen Gast, der sein Leben lang gerne abends sein Glas Rotwein getrunken hat. Also haben wir ihm winzige Portionen im Sprühfläschchen angeboten. Erlaubt ist, was gefällt.“
Einfühlsam und individuell
Wichtig ist, dass Mundpflege immer in Absprache mit der oder dem Betroffenen geschieht. Manche Menschen genießen sie sehr, andere empfinden sie als unangenehm. Deshalb gilt: langsam, vorsichtig und mit Rücksicht auf die persönlichen Vorlieben. Zugehörige können hier viel beitragen – sie wissen meist, welche Geschmäcker vertraut und wohltuend sind.
Praktische Tipps zur Mundpflege
• Mandelöl (20 ml in Pipettenflasche) – sanft auf Lippen und Zunge auftragen.
• Honigbutter (1/3 Butter, 2/3 Honig) – mit Schwämmchenstäbchen auf Lippen und Zunge verstreichen.
• Wasser und 1 Tropfen Pfefferminzöl, evtl. mit Zitrone – in einer Sprühflasche fein in den Mund sprühen.
• Gefrorene Fruchtstücke (z. B. Ananas, Mandarine) – zum Lutschen anbieten; Ananas wirkt zusätzlich entzündungshemmend.
• Lieblingsgetränke (Cola, Bier, Rotwein, Saft) – gekühlt in winzigen Mengen über Sprühflasche oder Schwämmchen verabreichen.
Fazit: Mundpflege lindert nicht nur Beschwerden, sie vermittelt auch Nähe und Zuwendung. Kleine Handgriffe haben große Wirkung – für den Kranken und für die Zugehörigen, die spüren: Ich kann noch etwas Gutes tun.



